Das Behinderten­testament

Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen zum Thema Behindertentestamente.

Über den Autor

Dr. Lucas Hertneck hat sich als erfahrener Anwalt im Bereich des Erbrechts auf die Erstellung von Behindertentestamenten spezialisiert.

Auf einen Blick

  1. Ein Behindertentestament ist ein spezielles Testament für Eltern behinderter Kinder. Es schütz das zu erbende Vermögen vor staatlichem Zugriff. Die Kosten der Grundsicherung werden weiter vom Staat finanziert. Das Vermögen bleibt erhalten.
  2. Das Vermögen kann für zusätzliche Bedürfnisse wie Therapien, Hilfsmittel oder Freizeitaktivitäten genutzt werden – sodass es der Verbesserung der Lebensqualität des Kindes zugute kommt.
  3. Eltern können auch festlegen, wer nach dem Kind erbt – so bleibt das Familienvermögen langfristig erhalten.
  4. Ohne Behindertentestament muss das Erbe zum größten Teil für Sozialleistungen eingesetzt werden – das Kind profitiert nicht davon.

Was ist ein Behinderten­testament?

Ein Behindertentestament ist eine besondere Form der Nachlassgestaltung, die im Erbrecht sowie Sozialrecht wurzelt und speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zugeschnitten ist.

Ziel: Das Erbe bleibt geschützt, sodass es gezielt über die bestehenden Sozialleistungen hinaus zur Verbesserung der Lebensqualität des behinderten Kindes eingesetzt werden kann – etwa für besondere Therapien, Freizeitaktivitäten oder eine bessere Betreuung.

Juristisch kennzeichnet sich ein Behindertentestament dadurch, dass es besondere Klauseln wie die Vor- und Nacherbschaft, die Dauertestamentsvollstreckung und bindende Verwaltungsanordnungen enthält. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH sind diese Gestaltungen wirksam und nicht sittenwidrig (BGH, Urteil vom 21.03.1990 – IV ZR 169/89; BGH, Beschluss vom 10.05.2017 – XII ZB 614/16; BGH, Beschluss vom 24.07.2019 – XII ZB 560/18).

Was ist der Sinn eines Behinderten­testaments?

Ein Behindertentestament sichert Kindern mit Behinderung dauerhaft einen Lebensstandard über dem Niveau der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe. Ohne spezielle Regelung müsste das Kind aufgrund des sogenannten Nachranggrundsatzes eine Erbschaft, Vermächtnis oder einen Pflichtteil zunächst bis auf einen Schonbetrag vollständig verbrauchen, bevor die entsprechenden staatlichen Leistungen wieder gezahlt werden.

Mit einem Behindertentestament wird dies effektiv verhindert.

Das dem behinderten Kind vermachte Vermögen bleibt vor dem staatlichen Zugriff geschützt und steht dem Kind gezielt zur Verfügung, um seine Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig kann dafür gesorgt werden, dass der jeweilige Partner des Verstorben abgesichert wird. Zuletzt wird das Testament so gestaltet, dass nach dem Tod des behinderten Kindes das verbliebene Vermögen wieder auf andere Angehörige übergeht, beispielsweise andere überlebende Kinder.

Welche Folgen hat es, wenn man kein Behinderten­testament aufsetzt?

Ohne Testament würde automatisch die gesetzliche Erbfolge eintreten. Das bedeutet: Das behinderte Kind wird gesetzlicher Erbe. Die Erbschaft des Kindes wird dann bis auf ein „Schonvermögen“ vollständig auf seine staatlichen Leistungen der Grundsicherung und Sozialhilfe angerechnet. Erst wenn die Grenze des Schonvermögens erreicht ist, erhält das Kind wieder die staatliche Unterstützung.

Aktuell beträgt dieses Schonvermögen 10.000 € bei der Sozialhilfe und 67.410 € bei der Eingliederungshilfe. Bis auf diese Beträge muss das Kind also die gesetzliche Erbschaft bzw. sein Vermögen verbrauchen.

Fallbeispiel: Erbschaft 200.000 €

Ohne Behinderten­testament

  • Sozialhilfe: Das Kind muss Vermögen bis auf 10.000 € einsetzen
    190.000 € müssen verbraucht werden, bis Sozialhilfe wieder geleistet wird
  • Eingliederungshilfe: Das Kind muss das Vermögen bis 67.410 € einsetzen
    132.590 € müssen verbraucht werden, bis Eingliederungshilfe wieder geleistet wird

Mit Behinderten­testament


Das Vermögen wird vor staatlichem Zugriff geschützt und bleibt vollständig erhalten.

Möchten Sie sich ein Behinderten­testament erstellen lassen?

Ich freue mich sehr, von Ihnen zu hören. Kontaktieren Sie mich gerne vorab per Telefon oder E-Mail, oder buchen Sie sich einfach den unverbindlichen und kostenlosen Kennenlerntermin – sodass wir Ihr Anliegen im Detail besprechen können.

Rechtliche Rahmen­bedingungen und Gestaltungs­möglichkeiten

Einbindung ins Erbrecht


Im Behindertentestament wird eine Vor- und Nacherbschaft mit einer Dauertestamentsvollstreckung kombiniert. Ihr Kind wird Erbe und das Vermögen an seiner Stelle zu seinen Gunsten durch einen Testamentsvollstrecker verwaltet. Gleichzeitig kann der längerlebende Ehepartner abgesichert und der Nachlass für nachfolgende Generationen erhalten bleiben.

Berücksichtigung von Sozialleistungsansprüchen

Das Sozialrecht folgt dem Nachranggrundsatz: Eigenes Vermögen muss vor staatlicher Unterstützung eingesetzt werden. Ein Behindertentestament verhindert, dass Ihr Kind den Nachlass für Leistungen einsetzen muss, für die der Staat eigentlich sowieso aufkommen muss, und schützt das Erbe zuverlässig vor dem staatlichen Zugriff.

Häufige Fehler

  • Verwendung ungeeigneter Muster aus dem Internet.
  • Enterbung des behinderten Kindes – der Sozialleistungsträger kann den Pflichtteil geltend machen.
  • Erstellung eines Berliner Testaments – für Familien mit behinderten Kindern meist ungeeignet.
  • Falsch eingesetzte Klauseln (z. B. befreite Vorerbschaft).
  • Regelmäßige Geldrenten für das behinderte Kind – diese gelten als sozialrechtlich einzusetzendes Einkommen.

Ein fachkundig erstelltes Behindertentestament verhindert solche Fehler zuverlässig.

Quellverweise

•⁠  ⁠BVKM (Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V.): https://bvkm.de/ratgeber/vererben-zugunsten-behinderter-menschen
•⁠  ⁠Lebenshilfe (Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.): https://www.lebenshilfe.de/informieren/senioren/behindertentestament
•⁠  ⁠Aktion Mensch e.V.:
https://www.familienratgeber.de/rechte-leistungen/recht-gesetz/behindertentestament

Häufige Fragen meiner Mandanten:

  • Welche Mindestanforderungen müssen in einem Behindertentestament erfüllt sein?

    Mindestens die Pflichtteilsquote für das behinderte Kind sowie die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft kombiniert mit einer Testamentsvollstreckung.

  • Wie verläuft die Erstellung eines Behindertentestmanents?

    Die Erstellung Ihres individuellen Behindertentestaments verläuft in drei Schritten:

    1. Kostenlose Erstberatung (15 Minuten Online Meeting)
    2. Detailliertes Beratungsgespräch (90 Minütiges Meeting)
    3. Erstellung des Behindertentestaments (ca. 7 Werktage)
  • Ist ein Behindertentestament auch bei kleinen Vermögen sinnvoll?

    Ja, da auch kleine Erbschaften ohne Testament bis zu den Verschonungsgrenzen  für Sozialleistungen eingesetzt werden müssen.

  • Kann man ein Behindertentestament widerrufen oder ändern?

    Ja, solange beide Ehepartner leben, kann grundsätzlich das Testament jederzeit widerrufen oder neu gefasst werden.

  • Welche Kosten entstehen für die Erstellung?

    Die Kosten richten sich nach dem Nachlasswert. Bei einem Nachlass von 500.000 € beträgt das Honorar beispielsweise 2.232,44 € inkl. MwSt.

  • Braucht man zwingend einen Notar?

    Nein, ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament ist ausreichend. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich.

  • Funktionieren Schenkungen als Gestaltungsinstrument?

    Schenkungen zu Lebzeiten an das behinderte Kind sind ungeeignet, da das geschenkte Vermögen sozialrechtlich von ihm zunächst für den eigenen Lebensbedarf eingesetzt werden muss.

    Schenkungen zu Lebzeiten an nichtbehinderte Geschwister können sinnvoll sein, etwa zur Ausnutzung von Schenkungsfreibeträgen. Sie müssen aber sorgfältig geplant werden. Dabei gegebenenfalls entstehende Pflichtteilsergänzungsansprüche zugunsten des behinderten Kindes dürfen aber nicht übersehen werden und müssen im Behindertentestament durch Vermächtnis adressiert werden.

  • Funktionieren Stiftungen als Gestaltungsinstrument?

    Stiftungen sind als Lösung in der Regel ungeeignet, weil die Einsetzung einer Stiftung als Erbin zu Pflichtteilsansprüchen des behinderten Kindes führen würde. Stiftungen kommen nur in seltenen Ausnahmefällen – etwa bei großen Unternehmensbeteiligungen oder Familienvermögen – als Lösung in Betracht.