Behindertentestament: Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen

Informationen zu den wichtigsten Voraussetzungen und rechtlichen Grundlagen von Behindertentestamenten

Über den Autor

Dr. Lucas Hertneck hat sich als Erfahrener Anwalt im Bereich des Erbrechts auf die Erstellung von Behindertentestamenten spezialisiert.

Auf einen Blick

  1. Ein Behindertentestament ist ein spezielles Testament für Eltern behinderter Kinder. Es schütz das zu erbende Vermögen vor staatlichem Zugriff. Die Kosten der Grundsicherung werden weiter vom Staat finanziert. Das Vermögen bleibt erhalten.
  2. Das Vermögen kann für zusätzliche Bedürfnisse wie Therapien, Hilfsmittel oder Freizeitaktivitäten genutzt werden – sodass es der Verbesserung der Lebensqualität des Kindes zugute kommt.
  3. Eltern können auch festlegen, wer nach dem Kind erbt – so bleibt das Familienvermögen langfristig erhalten.
  4. Ohne Behindertentestament fällt das Erbe zum größten Teil an den Sozialhilfeträger – das Kind profitiert nicht davon.

Ein Behindertentestament ist eine spezielle Gestaltung im Erbrecht, die Eltern nutzen, um ihr behindertes Kind optimal abzusichern. Ziel ist es, den Nachlass so zu regeln, dass das Kind von dem Erbe profitiert, ohne dass es für Sozialleistungen eingesetzt werden muss oder der Sozialleistungsträger darauf zugreifen kann. Gleichzeitig soll eine faire und konfliktfreie Verteilung unter den Geschwistern oder weiteren Erben gewährleistet werden.

Die rechtlichen Grundlagen von Behindertentestamenten liegen neben dem Erbrecht auch im Sozialrecht. Ein Behindertentestament ist ein Zusammenspiel beider Rechtsgebiete, um sowohl Versorgung als auch Vermögensschutz sicherzustellen.

Wann ist ein Behindertentestament sinnvoll?

Entscheidend ist, ob das behinderte Kind Sozialhilfe oder Eingliederungshilfe erhält. Sobald ein Kind solche Leistungen bezieht oder voraussichtlich einmal beziehen wird und ein gewisses zu vererbendes Vermögen besteht, ist ein Behindertentestament dringend zu empfehlen. In besonderen Konstellationen kann es auch ohne Sozialleistungen sinnvoll sein – das hängt von der individuellen Familiensituation ab.

Der Grad der Behinderung spielt als solches keine Rolle für die Frage, ob ein Behindertentestament sinnvoll ist. Entscheidend ist vielmehr der Bezug von Sozialleistungen. Die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Kindes sind aber bei der konkreten Gestaltung des Testaments zu berücksichtigen. Das Testament muss entsprechend zugeschnitten werden.

Allgemeine Voraussetzungen für ein Behindertentestament

Ein Behindertentestament kann von Eltern, Großeltern oder anderen Angehörigen errichtet werden, solange sie testierfähig sind.

Formelle Anforderungen:

  • Es genügt ein handschriftliches Testament – eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich.

Inhaltlich besteht ein rechtssicheres Behindertentestament aus drei Bausteinen:

  1. Vor- und Nacherbschaft: Das behinderte Kind wird mindestens in Höhe der Pflichtteilsquote als Vorerbe eingesetzt und die Geschwister oder andere Angehörige als Nacherben.
  2. Dauertestamentsvollstreckung: Ein Testamentsvollstrecker verwaltet das Vermögen zugunsten des behinderten Kindes, sodass es geschützt bleibt.
  3. Verbindliche Verwaltungsanordnungen: Diese regeln, wie das Vermögen vom Testamentsvollstrecker eingesetzt werden soll, um die Lebensqualität des Kindes langfristig über das Sozialleistungsniveau hinaus zu verbessern.

Wichtig sind eindeutige Regelungen, um später Streitigkeiten oder erbrechtliche Anfechtungen zu vermeiden.

Der Pflichtteil beim Behindertentestament

Das behinderte Kind hat stets Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn es enterbt wird oder zu einer niedrigeren Quote als sein Pflichtteil eingesetzt wird. Der Sozialleistungsträger kann in diesem Fall den Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und geltend machen.

Darum gilt:

  • Das behinderte Kind wird immer mindestens mit seiner Pflichtteilsquote als Vorerbe eingesetzt.
  • Um Pflichtteilsergänzungsansprüche (z. B. wegen früherer Schenkungen an Geschwister) zu vermeiden, kann zusätzlich ein Vermächtnis in entsprechender Höhe zugunsten des behinderten Kindes angeordnet werden.

 So wird verhindert, dass der Staat Zugriff auf den Pflichtteil aus der Erbschaft erlangt.

Kann ein Behindertentestament sittenwidrig sein?

Grundsätzlich gilt: Ein ordnungsgemäß gestaltetes Behindertentestament ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht sittenwidrig. Neben den Gerichten akzeptieren inzwischen auch Sozialleistungsträger diese Testamente regelmäßig.

Ausnahmenwerden nur bei sehr großen Vermögen, etwa im unternehmerischen Bereich, diskutiert. Diese Diskussion spielt für den Großteil der Erbschaften aber keine Rolle.

Typische Gestaltung und empfohlene Struktur

  1. Vor- und Nacherbschaft: Schutz vor Verbrauch der Erbschaft für Sozialleistungen und Zugriff durch den Sozialleistungsträger.
  2. Dauertestamentsvollstreckung: Verwaltung des Nachlasses im Interesse des Kindes.
  3. Verwaltungsanordnungen: Individuelle Vorgaben an den Testamentsvollstrecker für die Versorgung und Steigerung der Lebensqualität des Kindes.
  4. Flexible Regelungen: Aufnahme von Supervermächtnissen für flexible Vermögenszuweisung an andere Geschwister.

 

Fazit: Rechtssichere Planung durch professionelle Berater

Ein Behindertentestament erfordert sorgfältige Planung und genaue Abstimmung auf die Situation des Kindes. Fehler, etwa falsche Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen oder ungeeignete Verwaltungsanordnungen, können schwerwiegende Folgen haben.

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Quellverweise

  • Zur Sittenwidrigkeit: BGH, Urteil vom 21.03.1990 – IV ZR 169/89; BGH, Beschluss vom 10.05.2017 – XII ZB 614/16; BGH, Beschluss vom 24.07.2019 – XII ZB 560/18
  • Ruby/Schneider, Das Behindertentestament, 3. Auflage 2025

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FAQ: Behindertentestament Voraussetzungen

  • Ab welchem Grad der Behinderung ist ein Behindertentestament sinnvoll?

    Maßgeblich ist, ob das Kind Sozialleistungen bezieht oder voraussichtlich benötigen wird. Dies ist unabhängig vom Grad der Behinderung.

  • Welche formalen und inhaltlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

    Ein Testament kann handschriftlich erstellt werden. Wichtig sind die drei Bausteine: Vor- und Nacherbschaft, Dauertestamentsvollstreckung, klare Verwaltungsanordnung.

  • Kann das behinderte Kind enterbt werden?

    Das sollte dringend vermieden werden. Eine reine Enterbung führt dazu, dass der Pflichtteil vom Sozialleistungsträger geltend gemacht werden kann. Daher wird das Kind beim Behindertentestament mindestens mit seiner Pflichtteilsquote als Vorerbe eingesetzt.

  • Ist ein Behindertentestament sittenwidrig?

    Nein, bei durchschnittlichen Erbschaften wird es heute von Gerichten und Sozialämtern anerkannt.

  • Wer darf ein Behindertentestament errichten?

    Grundsätzlich jeder testierfähige Angehörige – in der Praxis sinnvollerweise meist Eltern und gegebenenfalls Großeltern.